Außen, Eine päpstliche Galeere vor der Küste Konstantinopels, Abend.

An der Mastspitze des Schiffes weht die Fahne mit dem Petrus-Schlüssel, die das Schiff so­zusagen ausweist.

Piccolominis Stimme spricht aus dem Off:

„Nikolaus fuhr nach Konstantinopel. Er überzeugte Kaiser Joseph, dass es richtig war, das Konzil von Basel nach Ferrara zu verlegen, um dort zusammen mit dem Papst und dem Gegenkonzil die Union gegen den Türken zu schmieden“.

Auf dem Schiff  wird - zusätzlich zu der der römischen - die Fahne mit dem Wappen der orthodoxen Kirche gehisst. Damit soll klar werden, dass der Kaiser von Byzanz sich entschlossen hat, zum Konzil nach Ferrara zu reisen.

Schnell wird es dunkel. Cusanus steht an der Reling. Sein Blick ist auf den Horizont gerichtet, wo sich der Sternen-Himmel und das Meer zu berühren scheinen. Die Umrisse seines Körpers setzen sich durch das Licht der Gestirne, vor allem durch den Vollmond von der Dunkel­heit ab. Cusanus gerät in eine leichte Ekstase. Deutlich hört man, wie sich der Rhythmus seines Atems verschärft. Sein Körper zittert.

Sein Blick sucht den Horizont ab, als hoffte er, dort etwas Unbekanntes zu entdecken. Doch er sieht nichts Auffälliges.

Schließlich dreht er den Kopf so weit nach links, als wolle er eine aus der Ferne flü­sternde Stimme einfangen. Doch für den Zuschauer ist nicht mehr als das sanfte Säuseln des Windes zu hören.

Cusanus flüstert:

„Bist Du es Herr, der zu mir spricht? Bist Du es, der seinen unwürdigen Sohn Nikolaus auserwählt hat, als erster den unbe­greiflichen Gedanken zu denken? Bist Du es, der mir jetzt, in diesem Augenblick sagt, dass unser Jahrhunderte altes Weltbild, das uns die Begrenztheit der Himmelssphären lehrt, falsch ist? Bist Du es, der mir eingibt, dass Du, unendlicher Gott, in der Schöpfung des Kosmos ein Ab­bild Deiner Selbst geschaffen hast? Bist Du es, der mich erkennen lässt, dass der Kosmos unendlich ist? Ja, so sprichst Du zu mir“.

Cusanus wacht allmählich aus seiner Erregung auf. Er spricht jetzt nüchterner, wie ein Verstandesmensch;

„Wenn aber der Kosmos unendlich ist, dann kann auch die Erde nicht - wie bisher gedacht - der Mittelpunkt des Kosmos sein. Denn in einem unendlichen Kosmos gibt es keinen Mittelpunkt, und wenn es einen Mittelpunkt gibt, so ist dieser Mittelpunkt überall, an jeder beliebigen Stelle.

Was schließe ich daraus?

Gottes Auge ruht nicht allein auf unserer Erde. Vielmehr hat unser Herr seinen Blick glei­chermaßen auf seine unendliche Schöpfung verteilt - was freilich nicht bedeutet, dass er uns minder im Auge hat. Denn wie Gott vollkommen ist, so ist auch sein Blick vollkommen“.

Cusanus fasst zusammen:

„Ein unend­licher Gott schuf sich sein Abbild, indem er einen unendlichen Kosmos schuf. Der Kosmos als Unendlichkeit gedacht - das wird die neue Lehre sein“.

Nun hält ihn nichts mehr. Die Freude über die gelungene Erkenntnis drängt ihn, sich mitzuteilen. Er eilt unter Deck. Dort stößt er auf die Wachen Kaiser Josephs VIII. Er bittet, empfangen zu werden. Er habe dem Kaiser etwas Wichtiges mitzuteilen.